Das Atelier in Zürich Höngg
Wimpfheimer hat sich eine Basisform zugelegt, die sich in allen Werkphasen aufspüren lässt: Seine Grundform ist der Eisenstab mit quadratischem Querschnitt. Auch wenn sich diese Ausgangsform im fertigen Werk nicht mehr ablesen lässt, es handelt sich stets um unterschiedlich gebündelte Stäbe deren Oberfläche vom Künstler derart harmonisch verschliffen werden, dass sie sich zum Körper vereinen. Und wenn sie sich oben und unten noch verästeln, ist es als würden sie ausschlagen und sich gegen die Gewalt wehren, die sie in eine geschlossene Form zwingen will. Auf diese Weise umspielt sie Wimpfheimer mit geradezu organisch erscheinender Beweglichkleit und liefert uns Betrachtern einen geistvollen Kommentar zum Verhältnis von Künstlichkeit und (vorgetäuschter) Natürlichkeit.
Da kann alles Starre unversehens in Bewegung kommen und uns so jene Kräfte ins Bewusstsein bringen, die – wie ungerufene Naturgewalten - alles Festgefügte, Künstliche aufzubrechen vermögen: Stillstand gibt es in Wimpfheimers Formenwelt nicht, weder im ungebrochenen noch im metaphorischen Sinn. Wimpfheimer hat einer frühen Werkserie den Titel „Aufbruch“ gegeben. Im Grunde haftet dieser Ausdruck dem Gesamtwerk wie ein Losungswort an: sich aufmachen zu neuen Erkenntnissen und Erfahrungen einerseits, andrerseits auch als das Aufbrechen von verkrusteten Vorstellungen, von allem scheinbar Unabänderlichen: Sogar die Eisenkörper platzen auf. Die Folgen davon greifen weit über alles Ästhetische hinaus.
„Eisen, voll geschmiedet“, das war jahrzehntelang Wimpfheimers Lieblingsformulierung für die Machart seiner Werke. Jetzt hat ihn die Gesundheit gezwungen, den Schmiedehammer aus der Hand zu geben. Mit angeborenem Spürsinn ist es ihm gelungen, Arten des Gusses auszutesten, die den Charakter des Werkes überhaupt nicht verändern, sondern ihn von einer Technik präzis in die andere „übersetzen.“ Es ist, als gelänge es ihm den Unterschied zwischen der Kompaktheit des geschmiedeten Eisens und dem Flüssigen des Broncegusses aufzuheben, so dass das Eine im Andern uneingeschränkt weiterlebt. Darüber hinaus verleiht das Material Bronce den wie Pflanzen ausschlagenden Formen eine neue Geschmeidigkeit, eine elektrisierende Sinnenhaftigkeit, die vorher im Eisen verborgen bleiben musste. Aus der Not heraus ist so unversehens eine bestechende neue Dimension erobert worden.
Der natürliche Rost wird als Farbe einbezogen. Auf diese Weise gibt Wimpfheimer die starre Eisenstruktur der Natur zurück. Sie kann sich nun in der Verwitterung selber am Kunstwerk beteiligen.
Text von Peter K. Wehrli